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Wenzel, das Leben und die Poesie

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2015-05-03 Wenzel ufa 300x300 - Foto © Carlo Wanka 01Zum 60. Geburtstag am 31. Juli 2015

von Harald Pfeifer

Da vollendet Wenzel der Poet, Musiker und Sänger, aber auch versierte Theatermann, Essayist, Schriftsteller und nicht zuletzt geschätzte Person der Kulturszene sein 60. Lebensjahr. Für ein Leben ist diese Vielfalt nicht gerade wenig. Aber, was er macht, macht er mit ungeteilter Aufmerksamkeit.

„Er hat allerhand durch, aber nichts hinter sich.“ schrieb Steffen Mensching auf die Rückseite des Plattenumschlages von Wenzels Erstling „Stirb mit mir ein Stück“.

So ist es noch heute. Wenzel wird einfach mit der Welt nicht fertig. Er hat sich nicht etwa in das Objekt seiner Betrachtungen verbissen, in das hat er sich vertieft.

Allein die Gedanken um Liebe und Tod nähmen schon kein Ende und dann kommt noch die Politik dazwischen und die verheerende Wirkung des Geldes. Mehr als 35 CDs hat er bisher veröffentlicht, jede ist ein genaues Zeitbild und beschreibt das Wechselspiel zwischen Individuum und Gesellschaft.

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Die Zeile „Halte dich von den Siegern fern“ von seiner CD „Viva la poesia“ beschreibt dabei seine Haltung unmissverständlich.

Anfangs wollte Hans-Eckardt Wenzel Maler werden. Sein Vater war Kunsterzieher, und der malt heute noch mit Leidenschaft. Vor wenigen Jahren hatte er Bilder in einem Leipziger Hotel ausgestellt. Wenzel kannte also die Gerüche der Farben, auch die Musik, die sein Vater beim Malen oft laufen ließ: die Lieder von der Dreigroschenoper. Als er in der vierten Klasse war, hat er sein erstes Lied geschrieben und danach Lieder- und Gedichtabende veranstaltet. Es lag also auf der Hand, nach dem Abitur Kulturwissenschaften zu studieren…

…in Berlin, wo in jenen Jahren um 1976 vieles zusammen lief. Doch offenbar war das Studium nur die eine Seite, die Bühne lockte. Er fand Gleichgesinnte, darunter Stefan Körbel, Elke Schwarz und Rolf Fischer, die in tiefsten DDR-Zeiten ein Privattheater gründeten. Später kamen noch Steffen Mensching dazu und Werner Karma. Ihr Theater nannten sie „Karls Enkel“, und mit Karl meinten sie alle, die in ihr Programm passten. Also Marx, Liebknecht, Valentin oder auch Karl May. Das war nicht die Vätergeneration. Und ihre Idole waren zunächst Dichter aus vergangenen Jahren wie Goethe, Mühsam oder Theodor Kramer, deren Gegenwartstauglichkeit sie überprüften.

HammerRehwü82

Auf diese Weise waren sie immer auch politisch. Doch das reichte 1981 nicht mehr aus – angesichts der allgemeinen Hochrüstung und der innenpolitischen Verhärtung im Arbeiter- und Bauernstaat. Deshalb griffen sie kühn zur Posse, der Revue und dem Clownsspiel. Die Hammer=Rehwü von 1982 setzte dabei neue Maßstäbe.

Das „Clowns-Duo“ bedeutete die Zuspitzung des künstlerischen Prinzips, das Wenzel und Mensching mit der Hammer=Rehwü erfolgreich ausprobiert hatten. Nun waren die beiden Clowns nicht mehr die Moderatoren, sie machten Programm und äfften gezielt jene Wirklichkeit nach, der man die Eigenschaft „real existierend“ verpasst hatte. Sie verabschiedeten die DDR und begleiteten ihr Publikum mit ihrer clownesken Art der Weltbetrachtung in das vereinte Deutschland.

Wenzel_Mensching - foto ch_linksEinen denkwürdigen Moment gab es im Gorki Theater, wo sie am 2. Oktober 1990 spät abends ihre Vorstellung in der DDR begannen und sie nach Mitternacht in der Bundesrepublik zu Ende brachten. Das war ein anderes Land, der Spott blieb aber.

Natürlich veränderten sich die Programme. Wir wollten, sagte Wenzel, mit unseren Erfahrungen aus der Literatur das Publikum auf die veränderte gesellschaftliche Situation vorbereiten. Aber über die 90er Jahre war dann das Prinzip des Clowns-Duos aufgebraucht. Das Notenständer-Stück hätten sie noch lange spielen können, neu wäre daran aber nichts mehr gewesen. Auch hatten die beiden Mimen sich nichts mehr zu sagen, die Zweisamkeit im Duo ist auf Dauer zermürbend. Die Abschiedstour von Wenzel/Mensching endete 2000.

Für viele ist das Lied Wenzels wichtigstes Ausdrucksmittel. Allein der Menge wegen könnte man das meinen. Seine Interessen sind allerdings weitaus vielfältiger. Über 35 CDs, respektive Langspielplatten, hat er seit 1986 veröffentlicht, jede ist eine Welt für sich, ein raffiniert gezeichnetes Zeitbild. Und immer geht es ihm um die Gegenwart. Auch wenn er Texte von Dichtern aus der Vergangenheit für seine Lieder verwendet. Bestes Beispiel ist die neue CD „Sterne glühn“ mit der expressionistischen Lyrik von Johannes R. Becher.

2015-05-03 Wenzel - Snodan - Denkmal ufafabrik - Foto © Carlo Wanka 004

Wenzel sucht Gleichgesinnte im Widerstehen gegen das allgemeine Trachten nach Menge und Geld. Er sucht die Nische, die Besonderheit, das Unikat. Und dabei sind seine Freunde im Geiste, neben dem österreichischen Dichter Theodor Kramer, mit dem er sich seit fast 40 Jahren befasst, auch Woody Guthrie oder eben wie gesagt Becher. Dazu kommen noch der Romancier und Essayist Christoph Hein wie der Maler und Grafiker Johannes Heisig. Natürlich kam es mit denen auch zur Zusammenarbeit. Und immer entstehen dabei Lieder. Das Besondere bei denen immer wieder, auf welch natürliche Weise Wenzel Poesie und Alltag zusammen bringen kann. Eine Fähigkeit, die durchaus selten ist.

©2015 BonMoT-Berlin
Fotos: Carlo Wanka/BonMoT-Berlin, Thomas Neumann

Am Freitag, 31. Juli 2015: Das Jubiläumskonzert – Wenzel zum Sechzigsten – mit vielen Gästen im Berliner Admiralspalast – schon ausverkauft

Artikel über Wenzel auf liveundlustigWenzel im Netz – Wenzels Neue Europa Hymne

Und das sagen die anderen (ergänzt am 2.8.2015):
MDRMitteldeutsche ZeitungBerliner ZeitungFreie Presseradio einsDeutschlandfunk

2013-02-16 CD Release in der Kulturbrauerei Wenzel - Foto Thomas Neumann 2013-02-17 Heisig und Wenzel 2013-02-16 Plakat Hein mit Wenzel 2011-03-09 Wenzel - Foto © www.conanima.de 2015-05-03 Wenzel ufa 300x300 - Foto © Carlo Wanka 02

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