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Opening Gala – 31. IKF 2019

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Eröffnungs Gala zur 31. internationalen Kulturbörse in Freiburg

vom Ritter von Lehenstein

FREIBURG – Die vier Akkordeonisten von Danças Ocultas aus Portugal eröffnen und schließen den Auftakt zur 31. Internationalen Kulturbörse Freiburg (IKF). Eindeutig beherrschen sie ihre Instrumente und sind hörenswert, jedoch als first act.

Als Timo Wopp, der diplomierte Kaufmann, Wahlberliner und Vater, nun als Moderator auf die Bühne prescht und das Programmtempo schlagartig antreibt, bekommt man das Gefühl, doch auf der richtigen Veranstaltung zu sein. Er führt durch den Abend und lässt es sich nicht nehmen, die Honoratioren frech anzugehen und doch den Respekt zu wahren. Wenn auch knapp. Fünf Minuten hat der 1. Bürgermeister Ulrich von Kirchbach zum Sprechen, was er als geübter Politiker auf den Punkt hin schafft. Der Stolz auf Freiburg und die Kulturbörse ist ihm anzuhören. Respekt ist sowieso Timos großes Anliegen, und so bringt er das Publikum dazu, zu dem Applaus auch noch ein auf Drei donnerndes „R E S P E K T“ zu brüllen.

Mit Fatima Moumouni & Laurin Buser, sie Deutsche, er Schweizer, kommt das Team «Zum Goldenen Schmied», zwei Worttalente aus der Poetry-Slam- Szene. Ihre Texte behandeln nicht die großen Themen, sind jedoch kunstvoll arrangiert. Wenn sie synchron sprechen, erinnern sie an Ursus und Nadeschkin.

Ebenso der zurzeit hochgelobte Martin Frank, der vermutlich gerade kaum weiß, wo er zuerst sein soll. Eben noch bei Ringlstetter im BR-Fernsehen, dann im BKA-Theater Berlin und nun hier in Freiburg, erinnert an den jungen Mittermeier. Kühn ist seine Methode, dem Publikum nun etwas von Organspenden vorzutragen, und er schafft es, er kann es. Und singen kann er auch  – wie er mit seiner Arie beweist. Ein bisschen mehr Lässigkeit, à la Maxi Schafroth, nicht so übertrieben wie bei Timo Wopp, würde gut passen und dann – wäre Bayern um ein Kulturgut reicher.

Visuell beeindruckte die hervorragend inszenierte Darbietung der Luftkünstlerin llona Jäntti aus Finland. Als Iimatila tritt sie auf und fasziniert mit einer modernen Inszenierung, in der sie mit den auf der Leinwand projizierten, zum Teil dadaistisch wirkenden Ereignissen spielt. Ob vom Boden aus oder in den Seilen hängend, sie zeigt ein breites Spektrum, das zudem mit sehr eigensinniger Musik unterstrichen wird. Klasse.

Am meisten jedoch reagierte das Publikum auf Trygve Wakenshaw aus Neuseeland mit seinem umwerfenden Slapstick. Er ist ein Physical-Comedy-Darsteller, der seine Ausbildung an der Clownschule Ecole Philippe Gaulier in Paris abgeschlossen hat. Mit seinem skurrilen Stil wirkt er verrückt, gewagt und exzentrisch, dabei zum Brüllen komisch. Und wenn man glaubt, der Gag sei passé, setzt er noch eins drauf – einzigartig.

Timo Wopp führt die Moderation immer wieder auf die Schwierigkeiten zurück, mit denen Kabarettisten in der heutigen Zeit zu kämpfen haben. Es sei schwer, gegen diese Trumps, Putins und Erdogans oder inländische Vertreter des Wahnwitzes noch gutes Kabarett zu schreiben. Er kommt zu der Erkenntnis, dass heute Recherche der Feind der Meinung sei und zu viel Wissen auch nicht gesund sei. Wir leben mit einer „Mitteilungsinkontinenz“. Doch bevor alles in die Hose geht, zeigt er seine rasante Balljonglage, bei der er alles kommentiert, was ihm durch den Kopf zu jagen scheint. Zum Schluss beeindruckt er mit einer Zigaretten-Streichholz-Akrobatik, die wahrlich respektvoll ist, welchen er aber auch extrem vom Publikum abfordert.
Alles in allem eine abwechslungsreiche und vor allem internationale Opening-Gala, einer Kulturveranstaltung in diesem Sinne gerecht werdend.

Webseiten: Timo WoppZum Goldenen Schmied | Martin Frank | llmatila | Trygve Wakenshaw | Danças Ocultas

©2019
Fotos: Ritter von Lehenstein


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